Der faschierte Braten ist ein Sonn- und Feiertagsessen. Ohne Füllung auch als „falscher Hase“ bekannt ist er mit Ei und Gurkerl hierzulande der „Stephaniebraten“ in dem fallweise auch Frankfurter Würstel mit drin sein können.
Auch bei meiner Mama – die noch dazu Stefanie hieß – war das vor allem an einem der Weihnachtsfeiertage ein wiederkehrender Fixpunkt im Jahreskalender.
Der Name
Der Stephaniebraten hat seinen Namen von Stephanie von Belgien. Diese bei den Wiener nicht sehr beliebte Ehefrau des unglücklichen Kronprinzen Rudolf von Habsburg wurde als „Bauerntrampel“ verunglimpft und neben diesem Gericht auch als Namenspatin für eine Variante eines Rostbratens herangezogen.
Vor ihrer Zeit war der Braten aus als „Judenbraten“ – vermutlich stammend von der jüdischen Variante „Klops“ – oder „Giselabraten“ – die Habsburgische Erzherzogin Gisela, die später Prinz Leopold von Bayern heiratete – zumindest seit dem 18ten Jahrhundert als Armenessen in der Wiener Küche bekannt.
Rezept
Zutaten
- 1 kg Faschiertes gemischt Rind und Schwein
- 2 Stück Semmel getrocknet
- 200 ml Milch zum Einweichen
- 75 g Speck nicht zu fett, gewürfelt
- 200 g Zwiebel gewürfelt
- 2 Stück Ei Größe L
- Semmelbrösel bei Bedarf zum Binden
- Salz
- Pfeffer frisch gemahlen
- Piment D'espelette optional
- Majoran getrocknet
- Petersilie frisch, fein gehackt
- 1 EL Paradeismark
- 200 ml Rindssuppe zum Aufgießen
- 200 ml Sauerrahm
- 1 EL Mehl
- Butterschmalz zum Braten
Füllung und Fertigstellung
- 3 Stück Ei gekocht
- 3 Stück Essiggurkerl groß
- Speckscheiben zum Belegen beim Braten
Kurzanleitung
- Die getrockneten Semmeln in der kalten Milch einweichen
- Den gewürfelten Speck mit den Zwiebeln in Butterschmalz hell anrösten. Petersilie dazugeben und kurz mitrösten. Auskühlen lassen
- Die Semmeln gut ausdrücken und faschieren bzw. durch eine flotte Lotte passieren
- Wenn nötig die Konsistenz mit Semmelbrösel oder einem zusätzlichen Ei/Wasser korrigieren
- Das Backrohr auf 220° Ober/Unterhitze vorheizen
- Das Faschierte zu einem länglichen Striezel formen, der Länge nach tief einkerben und die gekochten und geschälten Eier sowie die Essiggurkerl in die Kerbe legen.
- Gut mit dem Faschierten verschließen und mit der Naht nach in eine Bratenform legen. Die Speckscheiben auf dem Braten verteilen.
- Bei 220° Ober/Unterhitze für 15 Minuten braten.
- Die Hitze auf 180° reduzieren und weitere 45 bis 55 Minuten braten bis der Braten eine Kerntemperatur von 70° bis 75° hat. Dabei regelmäßig mit Bratensaft übergießen. Flüssigkeit bei Bedarf mit Rindssuppe ergänzen.
- Den Braten aus dem Ofen und der Bratenform nehmen und warm stellen.
- In den Bratenrückstand das Paradeismark einrühren und mit Rindssuppe aufgießen. Kräftig aufkochen lassen. Den Saft durch ein feines Sieb passieren und nochmals aufkochen. Den Sauerrahm mit dem Mehl verrühren, dazugeben und bis zur gewünschten Molligkeit einkochen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
- Den Braten in Scheiben schneiden und mit den knusprigen Speckscheiben und der Soße servieren.
- Dazu passt Erdäpfelpürree und Speckfisolen.
Zubereitung
Das Wichtigste für das Gelingen des Bratens ist die Qualität des Faschierten. Dafür brauchts Fleisch, das beim Braten nicht soviel Wasser verliert, was den Braten sehr trocken macht. Frisch faschiertes Rind- und Schweinefleisch mit nicht zu wenig Fettanteil und in Bio-Qualität ist da die richtige Wahl. Im Zweifel: Geht zu einem Fleischhacker und fragt den um das richtige Fleisch für einen faschierten Braten.
Den Anfang machen die Semmeln: Trockene Semmeln in der Milch gut einweichen und stehen lassen. Währenddessen in einer Pfanne in Butterschmalz den gewürfelten Speck und die fein gewürfelten Zwiebeln hell anrösten. Die Speckwürfel müssen nicht knusprig werden, der Zwiebel sollte nicht zu viel Farbe nehmen und eher hell bleiben. Die fein gehackte Petersilie dazugeben, kurz mitrösten und die Mischung auskühlen lassen.
Dann die Semmeln gut ausdrücken und passieren. Entweder mit einer Flotten Lotte oder durch den Fleischwolf.
Jetzt kommt alles zusammen: Das Faschierte mit der Speck-Zwiebel-Petersilienmischung, den passierten Semmeln, den Eiern, Majoran und – ich mag das sehr, muss aber nicht sein – einer Prise Piment d‘ Espelette zu einer gut knetbaren Masse vermengen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Die Masse sollte so fest sein, dass sie beim Braten nicht auseinanderfällt, gleichzeitig aber nicht zu fest, damit der Braten locker im Inneren bleibt. Das ist ein wenig Übungssache. Die Konsistenz kann man mit Semmelbröseln oder einem zusätzlichen Ei bzw. etwas Wasser korrigieren.
Jetzt noch das Backrohr auf 220° Ober/Unterhitze vorheizen und eine geeignete Bratenform vorbereiten.
Jetzt machen wir aus der Masse einen schönen Braten: Dazu die Masse zu einem länglichen Striezel mit einer tiefen Kerbe formen:
In diese Kerbe kommen die gekochten und geschälten Eier sowie die Essiggurkerl. Die Gurkerl kann man der Länge nach in Scheiben oder Stifte schneiden oder – so wie ich – ganz lassen.
Jetzt den Braten mit dem Faschierten gut verschließen. Mit nassen Händen die Oberfläche gut verstreichen, damit der Braten im Ofen nicht aufgeht. Umdrehen, damit die „Naht“ unten liegt und mit den Speckscheiben belegen.
Ich lege Guanciale-Speck drauf, das ist ein milder Speck aus der Schweinebacke aus Italien. Den hab ich als „Gewürz“ immer daheim, aber natürlich geht auch unser heimischer Bauchspeck. Er sollte halt fett sein und nicht zu stark geräuchert. So wie der luftgetrocknete Bauchspeck den ich so gerne in Kärnten kaufe 🙂
Damit ist der Braten ofenfertig und kommt bei 220° in den vorgeheizten Ofen. Nach 15 Minuten dann die Temperatur auf 180° reduzieren und für 45 bis 55 Minuten bis zur gewünschten Kerntemperatur braten. Ich gehe da auf etwa 75° weil ich den Braten dann ausgekühlt gerne kalt zum Brot esse und da sollte das schon sehr gut durch sein.
Wenn die erwähnte Fleischqualität passt, dann wird der Braten auch bei dieser Temperatur nicht trocken.
Während des Bratens regelmäßig mit dem Bratensaft übergießen. Wenn Flüssigkeit fehlt, mit Rindssuppe ergänzen.
Wenn der Braten durch ist, aus dem Ofen und der Form nehmen und warm stellen. Die Speckscheiben währenddessen runternehmen damit sie knusprig bleiben.
Für den Saft in den Bratenrückstand das Paradeismark einrühren und mit Rindssuppe aufgießen. Kräftig aufkochen lassen. Den Saft durch ein feines Sieb passieren und nochmals aufkochen. Den Sauerrahm mit dem Mehl verrühren, dazugeben und bis zur gewünschten Molligkeit einkochen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Den Braten mit Saft und Speck anrichten und gemeinsam mit Erdäpfelpürree servieren.
Auch Speckfisolen passen sehr gut dazu, auch andere Gemüsebeilagen schaden dem Vitaminhaushalt nicht 🙂
Und der Anschnitt ist immer wieder spannend. Ist der Braten durch und locker, passt das Ei – für den Koch ist das der Moment der Wahrheit.
Und hier hats gepasst 🙂
Quellen
Das Rezept stammt aus dem Buch „Knödel- und Bratenbuch“ von Ingrid Pernkopf und Christoph Wagner.
Weitere Informationen über die Geschichte des Stephaniebratens stammen von folgenden Seiten:
- https://www.kulinarisches-erbe.at/geschichte-der-ess-trinkkultur/historische-kuechen/wiener-kueche/wiener-gerichte-mit-beruehmten-namen/
- https://www.jewishfoodsociety.org/posts/2020/1/13/keeping-ashkenazi-recipes-alive-in-paris
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