Was dir am liebsten ist, das wirst du alles verlassen, und das ist der erste Pfeil, den der Verbannung Bogen auf dich schleudert. Dann wirst du fühlen, wie das fremde Brot so salzig schmeckt, und welch ein harter Pfad ist die fremden Treppen auf- und abzusteigen.
Dante Alighieri
So heißt es im siebzehnten Gesang der göttlichen Komödie von Dante Alighieri. Und um den Teil mit dem „salzigen Brot der Fremde“ zu verstehen, muss man wissen, dass das typische toskanische Brot völlig ohne Salz gebacken wird. Und dieses Brot – von den Toskanern sciocco (neutral) genannt – ist neben dem Olivenöl ein Grundbestandteil der toskanischen Küche. Crostini, Panzanella, Ribollita oder pappa al pommodoro kommen ohne dieses Brot nicht aus.
Entstanden ist dieses toskanische Brot vermutlich wie vieles aus der cucina povera, der Küche der armen Leute, aus dem Mangel. Hier dem Mangel an Salz, das im Mittelalter für die unteren Schichten schlicht unerschwinglich war. Es schmeckt auch durchaus gewöhnungsbedürftig, aber wenn man sich darauf einlässt, hat man ein Brot, das sich ganz besonders als Begleitung zu sehr würzigen, salzigen Speisen eignet. Gereifter Pecorino, in Salz eingelegte Sardellen oder Kapern, würzige Crostini mit der typischen Hühnerlebercreme sind wunderbare Kombinationen als Snacks, als Beilage zu würzigen Fleischgerichten wie Picchiapo oder das florentinische Trippa (Kutteln) sind sie fast unverzichtbar zum Auftunken der Sauce. Dieses Auftunken nennen Italiener übrigens „fare la scarpetta“ – den kleinen Schuh machen.
Das toskanische Brot ist groß und rustikal. Es ist entweder rund oder oval und hat eine knusprige Kruste mit einer sehr weichen, hellen und elastischen Schmolle. Wirklich duftig und weich ist dieses Brot nur am ersten Tag, aber wenn es in den nächsten Tagen immer trockener wird, zeigt es seine Vielseitigkeit: Wie erwähnt gibt’s dann in der toskanischen Küche viele Rezepte, die genau das benötigen – salzloses, trockenes Brot.
Wers nicht glaubt, der macht am Besten mal einen Panzanella, diesen aromatischen, sommerlichen und unvergleichlichen Brotsalat damit.
Rezept
Dieses Rezept ist das Kind einiger Mütter und Väter: Die Idee mit dem Brühstück mit Hartweizengrieß hab ich vom Blog von Ketex. Die (Sauer)teigführung hab ich von Sarah Owens und den Tipp mit dem bemehlten Tuch für die authentische Kruste aus dem Buch „Backen mit Pasta Madre“ von Vea Carpi. Dazu noch ein wenig Bäckerwissen von mir um das alles zu einem Brot zusammenzufügen.
Es kann entweder original – also ohne Salz – oder aber auch mit Salz gebacken werden. Aber ich empfehle dringend, es zumindest einmal ohne Salz zu probieren!
Zutaten
Weizensauerteig
- 50 g Weizensauerteig Anstellgut aufgefrischt
- 40 g Wasser
- 50 g Weizenmehl 700 glatt
Brühstück
- 150 g Hartweizengrieß doppelt gemahlen, "Pastagrieß"
- 390 g kochendes Wasser
Hauptteig
- Weizensauerteig
- Brühstück
- 520 g Weizenmehl 700 glatt
- 185 g Wasser
- 5 g Olivenöl
- 10 g Salz optional
Kurzanleitung
Weizensauerteig
- Für den Weizensauerteig das aufgefrischte Anstellgut mit dem Wasser gut verrühren und dann das Mehl klumpenfrei einrühren. Bei Raumtemperatur zugedeckt ca. 8 Stunden reifen lassen. Der Sauerteig ist reif, wenn ein wenig davon in einer Schüssel Wasser schwimmt.
Brühstück
- Den Hartweizengrieß in ein hitzebeständiges Gefäß geben und mit dem kochenden Wasser übergießen. Gut verrühren. Der Grieß nimmt das Wasser sehr schnell auf und es entsteht eine dicke Paste. Zugedeckt für 2 Stunden bei Raumtemperatur quellen lassen.
Hauptteig
- Den Vorteig, das Brühstück, das Mehl und das Wasser in der Küchenmaschine 3 Minuten zu einem groben Teig vermengen. 30 Minuten zugedeckt rasten lassen (Autolyse).
- Wenn das Brühstück zu fest zu sein scheint, dieses mit dem Wasser und dem Sauerteig gut auflösen und erst dann mit dem Mehl verkneten.
- Nach dieser Rast, das Olivenöl und – wenn verwendet – das Salz dazugeben und den Teig in ca. 10 Minuten auf mittlerer Stufe zu einem weichen, glatten Teig auskneten.
- Den weichen Teig zu einer Kugel formen und in eine leicht geölte Teigwanne oder eine große Auflaufform geben.
- 3 Stunden zugedeckt gehen lassen, dabei alle 45 Minuten einmal von allen Seiten dehnen und falten (siehe Rezepthinweise).
- Den Teig zu einer Kugel wirken. Wird wie hier eine längliche Brotform verwendet, dann noch zu einem länglichen Laib formen. Mit dem "Schluss" nach oben in ein mit einem gut bemehlten Tuch ausgelegtes geeignetes Simperl geben. Das Tuch oben umschlagen und für ca. 12 Stunden in den Kühlschrank bei etwa 4° stellen.
- Am Backtag ca. eine Stunde bevor das Brot in den Ofen kommt das Simperl aus dem Kühlschrank nehmen, den Teigling aber noch drin lassen. Den Ofen mit Backstein auf 250° Ober/Unterhitze vorheizen.
- Das Brot im Simperl leicht mit Mehl bestreuen und auf einen bemehlten Brotschieber kippen. Nach Belieben einschneiden und auf den heißen Backstein einschießen.
- Gut beschwaden und 10 Minuten anbacken. Nach 10 Minuten die Schwaden ablassen und die Hitze auf 200° reduzieren. In weiteren 35 Minuten fertigbacken. Es ist fertig, wenn es im Kern eine Temperatur von 97° hat.
- Aus dem Ofen nehmen und auf einem Gitter unbedeckt auskühlen lassen.
Notizen
Anleitung
Als erstes brauchts für dieses Rezept einen Weizensauerteig. Dafür das frisch aufgefrischte Weizensauerteig-Anstellgut mit dem Wasser und dem Mehl klumpenfrei verrühren und bei Raumtemperatur etwa 8 Stunden reifen lassen. Dabei verdoppelt bis verdreifacht sich das Volumen. Der Weizensauerteig ist reif, wenn ein kleines Stück davon in einer Schüssel Wasser schwimmt und nicht untergeht.
Dann ist das Brühstück dran: Den Hartweizengrieß – der sollte sehr fein sein, ich nehme den doppelt gemahlenen „Nudelgrieß“ – mit dem kochend heißen Wasser übergießen. Gut verrühren, der Grieß nimmt das Wasser schnell auf und es entsteht eine dicke Paste. Dieses Brühstück mindestens 2 Stunden auf Raumtemperatur abkühlen lassen.
Wenn diese beiden Vorteig fertig und reif sind, kommen sie, gemeinsam mit dem Wasser und dem Mehl des Hauptteiges, in die Knetschüssel der Küchenmaschine. Diese Zutaten für ca. 3 Minuten vermengen und dann 30 Minuten rasten lassen zur sogenannten „Autolyse„.
Hinweis: Beim Brühstück kann es sein, dass es zu fest ist um direkt mit dem Mehl verknetet werden zu können. Damit sich das gut auflöst und verteilt kann es sinnvoll sein, das Brühstück mit dem Wasser und dem Sauerteig vorher gut zu vermengen und aufzulösen bevor es mit dem Mehl verknetet wird.
Nach dieser Autolyse kommt das Olivenöl und – wenn mans verwendet – das Salz dazu. Jetzt wird der Teig auf mittlerer Stufe in etwa 10 Minuten ausgeknetet bis ein glatter, weicher Teig entsteht.
Nach dem Kneten folgt die Ballengare. Der Teig rastet nun 3 Stunden bei Raumtemperatur und wird dabei alle 45 Minuten einmal von allen Seiten „gezogen und gefaltet„. Dazu den Teig in einer leicht geölten Teigwanne oder einem anderen, ausreichend großen, flachen Behältnis an allen vier Seiten mit feuchten Händen hochziehen und über die Mitte falten.
Anfangs sieht das so aus:
Nach dieser Gare wird nun der Teig zuerst zu einem runden Laib geformt. Dabei ist etwas Mehl auf der Arbeitsfläche sehr hilfreich.
Diesen runden Laib jetzt zu einem länglichen Wecken formen, der in etwa die Länge des Simperls hat.
Das Simperl mit einem sehr gut bemehlten Leinen auslegen und den Teigling in das Körbchen legen. Das Tuch über dem Teig zusammenschlagen und das Ganze für 12 Stunden in den Kühlschrank stellen.
Am Backtag den Teigling etwa 60 bis 90 Minuten bevor er in den Ofen kommt aus dem Kühlschrank nehmen, aber noch im Tuch und im Körbchen lassen. Den Ofen mit Backstein auf 250° vorheizen.
Wenn der Ofen vorgeheizt ist, den Teigling auf einen bemehlten Brotschieber stürzen und nach Belieben einschneiden. Das Brot auf den heißen Backstein einschießen und den Ofen gut beschwaden. Bei 250° 10 Minuten lang anbacken. In diesen 10 Minuten geht das Brot stark auf.
Dann die Schwaden ablassen, dazu die Ofentür eine Minute ganz öffnen, und die Hitze auf 200° reduzieren. In weiteren 35 Minuten fertigbacken. Das Brot ist fertig, wenn es eine Kerntemperatur von 97° erreicht hat.
Auf einem Gitter vollständig auskühlen lassen.
Die ersten Scheiben nach dem Auskühlen hab ich am noch heißen Backstein geröstet und mit selbstgemachtem Hühnerleberaufstrich, Ricotta, Walnüssen, Apfelscheiben und Preisebeeren genossen.
Und die letzten, schon trockenen Reste kamen in eine köstliche Ribollita:
Quellen
Die Sauerteigführung habe ich mir von Sarah Owens abgeschaut, da wird der fertige Teigling im Simperl über Nacht in den Kühlschrank gestellt und kann am Morgen gebacken werden – sehr stressfrei, weils da nicht auf die Stunde genau zugeht.
Vea Carpi liefert die Idee mit dem bemehlten Tuch, in dem der Teigling seine Rast verbringt. Das sorgt für die authentische Kruste.
„Backen mit Pasta Madre“ erschienen 2020 im Verlag Edition Raetia.
ISBN: 978-8872837214
Und von Gerd Kellner (Ketex) ist die Idee mit dem Brühstück aus Hartweizengrieß. Das macht das Brot dann – im Ofen geröstet – besonders knusprig.
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dicampi
Hallo! „Das Brot ist fertig, wenn es eine Kerntemperatur von 97° erreicht hat.“ … Wie stellt man das fest?
Dietmar
Ich hab da ein Küchenthermometer zum reinstechen um 15 Euro.
JM
Schwer gescheitert! Das Brühstück hat lauter kleine Gnocchi im Teig ergeben, die sich um nichts in der Welt mehr aufgelöst haben. Also unbedingt das Brühstück zuerst im Wasser aufrühren und erst dann Sauerteig und zuletzt Mehl zugeben! Sonst wird das nix.
Dietmar
Hallo!
Das tut mir leid. Ich hatte mit meiner Küchenmaschine dieses Problem nicht, die knetet aber anders als die meisten anderen. Und möglicherweise ist mein Nudelgrieß auch etwas anders – ich hab den von DeCecco.
Ich hab einen Hinweis in den Text und ins Rezept eingefügt. Das hilft zwar dir leider nicht mehr, dank deines Hinweises können andere aber dieses Problem vermeiden.
Danke daher, dass du dir die Mühe gemacht hast, hier Bescheid zu sagen!
Liebe Grüße
Dietmar